Digitalisierung und Design Thinking
Mensch. Maschine. Miteinander. Leben in der digitalen Welt.

Was uns umtreibt. Was uns antreibt.

von Matthias Weinhold (zertifizierter Srcum Master & Design Thinking Coach)

geschrieben am 09.06.2017

Auf dem ZVEI Kongress haben wir interessante Gespräche mit den Mitgliedern des Zentralverbandes Elektroindustrie (ZVEI) zum Thema Innovation, Unternehmenskultur und Design Thinking geführt.  Wir von kompea waren mit einer Design Thinking Area  vertreten und haben den Verbandsmitgliedern mit Hilfe von Phasenplakaten, Erläuterungen und einem methodischen Konzept eine Einführung in das Thema Design Thinking und innovative Produkt- und Prozessentwicklung gegeben. 

Die Design Thinking Area verfolgte zwei grundlegende Ziele: 
  1. den Besuchern zentrale Bestandteile des Design Thinking Prozesses zu vermitteln und 
  2. dieses Wissen in einen praxisnahen Kontext eingebunden zu veranschaulichen, mit dem Fokus mögliche Umsetzungen eines Design Thinking Prozesses darzustellen. 

Empathie für Nutzer entwickeln

Der Design Thinking Prozess war auf vier A0-Plakaten (entsprechend der vier Prozess-Stationen) abgebildet. Die Experten des kompea-Teams begleiteten die interessierten Besucher, stellten den Prozessablauf vor, erläuterten Schlüssel-Beispiele und beantworteten die Fragen. 
Ausgehend von der „Design Challenge“: „Wie sieht die Waschmaschine der Zukunft aus, die den Bedürfnissen junger Menschen entspricht?“ konnten interessierte Besucher an vier Prozess-Stationen die Phasen eines Design Thinking Prozesses in idealtypischer Weise kennenlernen. Hierbei erfuhren sie, wie das strukturierte Zusammenspiel von analytischem und kreativem Denken ganz neue Handlungsfelder eröffnen kann. Sogenannte Personas - abstrakte VertreterInnen von unterschiedlichen jungen Menschen, die als Zielgruppe identifiziert worden waren - halfen dabei, sich in die Nutzerperspektive zu versetzen, Empathie für diese zu entwickeln und schließlich in einem kreativen Brainstorming Ideen für diese zu entwickeln.
So galt es beispielsweise für Ole, einen typischen Young Professional, die Lösung zu finden, wie er trotz hoher beruflicher Belastung und wenig Sinn für haushälterische Herausforderungen seinem Bedarf nach frischen Hemden nachkommen kann. Durch die Analyse seiner spezifischen Lebenssituation wurde klar, dass er keine persönliche Waschmaschine mehr benötigt. Ideen der Besucher reichten vom Wäschaboservice, über die Anschaffung eines Haushaltroboters bis hin zu radikalen Abschaffung gängiger Textilien durch den Einsatz von Kleidung, die am 3D-Drucker hergestellt und nach Gebrauch wieder recycelt wird.

Groß und wild denken

Hierbei zeigte sich, dass der Modus Operandi: „groß und wild zu denken“ Ideen hervorbringt, die helfen können ganz neue Perspektiven auf eine Fragestellung zu generieren, die den Blick über den Tellerrand des Bewährten öffnen. Somit wurde deutlich, dass die Zukunft der Waschmaschine nicht nur in einer Verbesserung der vorhandenen Technologie bestehen kann, sondern unter Umständen auch erfordert, ganz neue Services und Technologien zu denken. 
Bei den vielen Gesprächen mit Besuchern wurde bestätigt, dass die klassische Kombination von Technologie und Geschäftsmodellen an die Grenzen stößt und die Einbeziehung der Nutzer- oder Kundenperspektive, Empathie und tiefgreifendes Verstehen der Bedarfe, dazu beitragen kann die gewohnten Denkmuster zu verlassen und neue Handlungsfelder zu eröffnen. Insgesamt lässt sich feststellen, dass viele Besucher diesen Ansatz interessant und hilfreich fanden und hierin Potenzial für aktuelle Fragestellungen in ihren Unternehmen sahen. 

Feedback der Teilnehmenden

Viele unserer Besucher hatten schon einmal von Design Thinking gehört oder wussten, dass Design Thinking „irgendwo in der Organisation“ angewendet wird. Nur ein kleiner Teil der Area-Besucher hatte bislang keinen Kontakt zum Design Thinking Konzept. Wir begegneten auch bei dieser Personengruppe einer überraschenden Offenheit und nahezu bei allen einem großen Interesse, den Design Thinking Prozess näher kennenzulernen. 
So erlebten wir, dass am Prototyp „Waschservice statt Waschmaschine“ aktiv mitgestaltet und zahlreiche kreative Ideen für zukünftige Wasch-Lösungen entwickelten wurden. 

Aktuelle Herausforderungen der ZVEI-Mitglieder

Getreu dem nutzerzentrierten Paradigma des Design Thinking hat das Team kompea versucht, ein tiefergehendes Verständnis für die Herausforderungen der Branche zu entwickeln.
Hier einige unserer Einsichten:

Mangelndes Verständnis für Nutzergruppen


  • „Kunden kommen zu uns und wollen Digitalisierung. Aber sie wissen nicht, wozu und für wen!“

  • „Wir brauchen eine engere Vernetzung mit dem Kunden.“
  • „Wir sind technologisch schon sehr weit, stellen aber fest, dass die potenziellen Verbraucher die Möglichkeiten, die wir anbieten gar nicht (ein-) schätzen können.“

Hürden für Innovation


  • „Wir sind dabei, eine innovative Arbeitskultur einzuführen – aber wissen noch nicht so recht, wie.“

  • Kulturelle Unterschiede erschweren Innovationsprozesse, bspw.in Interaktion mit KollegInnen aus anderen Kulturkreisen, die einen anderen Begriff von Autorität haben.

  • „50% der Belegschaft gehen bei der Einführung von agilen Methoden nicht mit. Was können wir tun?“

  • Altersdiskriminierung – junge Mitarbeiter werden ausgebremst und können ihr Potenzial nicht entfalten.

  • Hierarchische Strukturen verhindern kreative Prozesse.

  • „Wir bräuchten Design Thinking in unserer Firmen-Akademie!“

Produktentwicklung


  • „Bei uns dauert eine Produktentwicklung im B2B Bereich drei Jahre – das ist einfach zu lang!“
  • Es ist schwierig die Zusammenarbeit zwischen den unterschiedlichen Ressorts produktiv zu gestalten, z.B. Designer und Ingenieure!
  • Massenproduktion vs. Individualisierung
  • Unsere Produkte werden immer individualisierter, die Herausforderung ist die Vernetzung zwischen Herstellung und Endkunde gut zu gestalten.

 


Über die Autor*innen